Hochsengs im Sengsengebirge

25.05.2011

Nicht nur um die Kondition zu testen eine "Nachmittagstour" nachmittags auf die Biwakschachtel im Sengsengebirge. Viel zu spät kam ich im Büro weg - erst um 14:00 begann der Aufstieg im Langen Graben. Dafür ging's aber - dem Wetter sei's gedankt - dann so gut, dass auch der Hochsengs noch möglich war ...

Start mit einer Abkürzung

Nach einigen Minuten steil ansteigender Forststraße zieht sich ein schmaler Pfad steil den Wald hinauf - derzeit markiert durch zwei Steinmandln. Der Weg ist durch das trockene Laub der häufig vorkommenden Rotbuche rutschig. Griffige Bergschuhe sind hier gefragt ...

Die rote Waldameise

Riesige Haufen von Nadeln und Bodenstreu bevorzugt an sonnigen Stellen zeugen von der Anwesenheit der Roten Waldameise. Dabei ist der obere sichtbare Teil oft der kleinere, nur für die Temperaturregelung und den Schutz des eigentlichen, unterirdischen Baues gedacht. .

Eiliges Gewimmel und Gerenne kennzeichnet die Oberfläche eines Ameisenbaues. Keiner treibt sie an, keiner führt sie, niemand betreibt Projektmanagement, kein wirtschaftliches Streben, keine Politik - und dennoch funktioniert er .... seit Jahrmillionen ...

Auf der Suche nach der Quelle

Schon mehrmals habe ich versucht, die hier irgendwo befindliche Quelle zu finden. Ich kenne sie aus meiner Jugendzeit, durch den Forststraßenbau hat sich hier aber einiges verändert und ich habe sie verloren. Diesmal habe ich kein Wasser mitgenommen an diesem heißen Tag - als Ansporn für die Suche!

Ich weiche vom gut sichtbaren Pfad ab und folge fast unsichtbaren Zeichen - irgendwo muß sie hier wo sein ...

Die Quelle

Über Abraum der Forststraße hinweg, unter umgestürzten Bäumen durch ... und da ist blinkt etwas unter bemoosten Steinen, was sich als die Betonfassung der Quellstube erweist: ein blinkender Wasserhahn macht deutlich, dass die Quelle nicht allen unbekannt ist, der alte Quellraum ist jedoch voller Laub ... kaum eine Handbreit ist unter dem Wasserhahn frei ...

Ich räume den Quellraum von Laub, Schlamm, Ästen und Steinen frei und stelle meine Trinkflasche zum Befüllen darunter, öffne den Hahn und - das Wasser fließt. Es ist frisch, kühl, sauber, schmeckt vielleicht etwas nach Erde oder Laub, aber ich weiß was ich meinem Magen zumuten kann und trinke in vollen Zügen.

Als "offizielles" Trinkwasser würde es aber sicher nicht durchgehen - man muß damit rechnen, dass eingeschwemmte Würmer, Laub und Zersetzungsstoffe sich im inneren der Quelleinfassung befinden.

Die direkte Umgebung wird noch ein wenig bereinigt, so dass der Regen nicht gleich wieder alles verfüllt. Das Wasser im Quellraum wird durch das spärliche Überwasser gespeist und ist noch brackig und trüb. Aber es wird sich bald absetzen und somit wieder für die tierischen Bewohner zugänglich sein.

Bereits bei der Rückkehr wenige Stunden später ist das Wasser klar, die Unreinheiten haben sich abgesetzt. Das Laub ist schon wieder abgetrockent und im nassen Boden sind auch schon die ersten Hufeindrücke von Hirsch und Gemse zu sehen ...

Blüten am Weg (mehr)

Im Bereich der früheren Kogler-Alm finden sich überall die riesig wirkenden Blütenstände einer Wolfsmilch. kaum jemand weiß, dass es sich um die "Österreichische Wolfsmilch" handelt, die nur bei uns vorkommt. Solche inselförmige Vorkommen bezeichnet man als "endemisches Vorkommmen", die solcherart ausgezeichnete Pflanze bezeichnet man entsprechend als "Endemit".

Die ungebändigte Natur

Hier befinden wir uns im Nationalpark Kalkalpen, wo die Natur - zumindest wo es ohne Gefährdung der benachbarten Wälder abgeht - Vorrang hat. Daher ist immer damit zu Rechnen dass umgestürzte Bäume liegenbleiben und Umwege erzwingen. So wie in der (ur)alten zeit, als es noch keine maschinell befestigten und gewarteten Wege und Straßen gab.

Für manche ist es aber dennoch eine allzu große Umstellung und sie wollen solche "störende Hindernisse" beseitigt sehen .... dabei ist es doch der Mensch, der die Natur stört, und nicht umgekehrt!

Besiedelung

Auf den ersten auftauchenden Felsbändern siedeln Pflanzen, die diesen äußerst kargen Bedingungen angepaßt sind. Sie nutzen jede Möglichkeit, sich in den Stein zu krallen, nahrhaften Boden festzuhalten und auf diesem zu wachsen ...

Sturm und Wind

In meiner Jugendzeit war dies eine Wiese, wahrscheinlich früher eine Nebenalm der Kogler-Alm! Die Stürme haben bereits die ersten Bäume in diese Wiese geworfen. In deren Schatten und mit stacheligen Ästen geschützt vor dem Wild können nun kleine Stauden und Sträucher heranwachsen, die letztendlich die freie Fläche zurückverwandeln in ..... Wald!

Zeitlos

Langsam, ganz langsam dringen die ersten kleinen Bäumchen entlang der gefallenen Stämme in die Wiese vor, um sie irgendwann ganz in Besitz zu nehmen und daraus einen Wald zu formen ...

Der einarmige Riese

Was hat den Baum veranlaßt, seinen Ast nach oben zu drehen und daraus einen zweiten Wipfel zu bilden? Normalerweise machen die Bäume das, wenn die Krone oder der Wipfel abgeschlagen wird, um weiter ins Licht wachsen zu können. Aber hier?

Doch vielleicht ist oben in den Kronen etwas, was wir hier vom Boden aus einfach nicht erkennen, etwas, das der Baum als Bedrohung, als Beschädigung erkennt ...

Hochragend

Langsam nähere ich mich der Baumgrenze - vereinzelt ragen Fichten weit über die umgebenden Latschengebüsche heraus, um mehr Licht zu erhalten. Doch diese Gier ist auch gefährlich, das in diesen Höhen vorherrschende UV-Licht ist nicht sehr bekömmlich für einzelstehende Fichten!

Die Ruhebank

Soooo lange ist es eigentlich nicht her, dass ich hier gerastet hab' - aber im Gebirge sind die Bedingungen hart. Und Menschgemachtes wird hier schneller zerstört, zerlegt und zernagt als im Tal drunten ...

Dolinen

Immer wieder fallen im Kalk große Löcher im Boden auf. Hier handelt es sich um Dolinen, welche im wesentlichen Eingänge ins Erdinnere bilden und durch die lösende Wirkung des Wassers entstanden sind ... Da es in den Dolinen kühl und feucht ist, sie somit über ein eigenes Kleinklima verfügen, besitzen sie auch eine ganz eigene an diese Bedingungen angepaßte Pflanzen- und Tierwelt.

Immer wieder fallen im Kalk große Löcher im Boden auf. Hier handelt es sich um Dolinen, welche im wesentlichen Eingänge ins Erdinnere bilden und durch die lösende Wirkung des Wassers entstanden sind ... Da es in den Dolinen kühl und feucht ist, sie somit über ein eigenes Kleinklima verfügen, besitzen sie auch eine ganz eigene an diese Bedingungen angepaßte Pflanzen- und Tierwelt.

Manche der Dolinen sind so groß und flach, dass der Weg an der Kante entlang geführt werden kann. Irgendein Umstand hat sie verfüllt mit Material, das wieder einen Boden bilden konnte - aber irgendwann ist es vielleicht wieder so weit, und das Wasser findet einen Weg ...

Zeit zählt hier nicht ...

Der Beißwurm

Kaum 25 cm ist es groß, das kleine Zischelding, und wirkt schon sehr gefährlich, wie es sich zu einem kleinen braunen Knäuel schlingt und erwachsen tut. Knapp unter dem Grat des Sengsengebirges, schon in der Nähe des "Mollner Loches", liegt die junge Kreuzotter am sonnigen Rand einer Doline. Sie tankt Energie für die nächtliche Jagd im kühlen, im dunklen, im grausamen Teil des Tages ... wehe dem Kleinling, der dann ihren Weg kreuzt ...

Das Mollner Loch

Eine Naturbrücke im Kalkstein, die einen lohnenden Tiefblick auf die Flanken des Hochsengs ermöglicht, die bis zur "Hopfing" reichen ...

Die Biwakschachtel

Das Uwe-Anderle-Biwak, 1976 von der Alpenvereinssektion Molln/Steyrtal errichtet, in der Zwischenzeit wichtige Unterkunft für jene, die den "Höhenweg", die Überquerung des Sengsengebirges, durchführen.

Abenteuerlich war's damals, als wir den Platz ausgewählt und den Weg dorthin freigeschnitten haben, die Wegmarkierung angebracht, und den Hubschrauberlandeplatz für den Materialtransport ausgesteckt und ausgeschnitten haben. Schließlich der Aufbau ...

Irgendjemand hat Tibetische Gebets- oder Glückswimpel auf die Seilverspannung aufgefäldelt. Ein munteres, im Wind flatterndes, glückverheißendes Symbol hier oben - ich lehne intuitiv meinen Stock daran, um ein wenig von diesem Glück vielleicht übertragen zu bekommen?

Das Innere der Biwakschachtel ist einfach eingerichtet, sechs Matratzen für höchstens 10 Personen, ein Tisch, eine Bank ...

Ich habe hier drin so manches Gewitter schon heil überstanden - ist aber sicher nicht jedermanns Sache!

Der Hochsengs

Eigentlich war er nur vorsichtig als Option gedacht ... aber nach einer nur kurzen Rast gings gleich hurtig weiter auf den Hochsengs mit seiner markanten Steinplatte auf der Südseite. Er ist wichtger Bestandteil im Reich der Schneehühner und Adler ...

Der Weg zum Gipfel

Problemlos wenn auch teilweise steil ist der Weg auf den Gipfel des Hochsengs. Gnädig schieben sich ein paar Wolken vor die Sonne und verhindern so den srohenden Sonnenbrand, der in dieser Höhe nichts ungewöhnliches ist ... Nur wenige Stellen sind mit Seilen versichert so wie diese kurze Passage ...

Karst

Langsam zersetzt das Wasser den kalkigen Felsen, schwemmt die Oberfläche fort, bis nichts mehr übrig ist, das von Pflanzen besiedelt werden kann. Tiefe Löcher bis ins innere Höhlensystem werden in die Oberfläche geätzt über Jahrmillionen - das ist der Karst. Glutheiß ist es hier zu Mittag, wenn die Sonne senkrecht auf die Felsen scheint und die Luft zum Flimmern bringt.

Karstkarren

Über Jahrhunderttausende hat das herabfließende Wasser den Kalk langsam langsam gelöst, hat tiefe lange Rillen in den Fels gefräst ... der Geologe benennt dies als "Karrenbildung" und ist typisch für unsere Kalkgebirge ...

Was ist nun das Ziel?

Die Entscheidung zeigt den Menschen ;-) ist man Bergsteiger oder Naturfreund ...

Der Bergsteiger geht zuerst zum Ziel, dem Gipfel, trägt sich ins Gipfelbuch ein und geht dann eventuell fotografieren.

Der Naturfreund macht zuerst das Bild vom Enzian ...

Aber keine Sorge: Ich weiß dass es Bergsteiger gibt, die auch Freunde der Natur sind - und natürlich umgekehrt ebenso!

Der Gipfel des Hochsengs

Das imposante Gipfelkreuz des Hochsengs ... ab jetz gehts nur mehr hinab ... wer diese Tour in einem Nachmittag macht, sollte über den Zustand seiner Knie und Hüften sehr gut Bescheid wissen!

Elfhundert Höhenmeter gehts praktisch ununterbrochen bergab ...

Spätnachmittagssonne

Die westliche Seite des Sengsengebirges mit Schillereck und Spering ... im Hintergrund ragt noch die Kremsmauer schemenhaft aus dem Dunst, dann verlieren sich die Konturen im Nichts ...

Der Turmfalke

Mit einem lauten Kli kli kli grüßt der vorbeifliegende Turmfalke. Er strebt geradewegs der Felskante des hochsengs zu und verschwindet danach rasch in der Tiefe ...

Hier sind die Grenzen meiner Kamera und der von mir gepflegten "spontanen Fotografie" erreicht - bis die Kamera einsatzbereit ist, hat der hübsche Vogel schon eine große Distanz geschaffen ...

Der kleine Fuchs

Wesentlich besser zu fotografieren als rasch vorbeifliegende Vögel sind Schmetterlinge ... theoretisch jedenfalls! Gottseidank waren alle Füchse vom Sengsengebirge auf einem kleinen, sonnigen, und brütend warmen Platz vereint und ich konnte auswählen ... dachte ich ...

So setzte ich mich in altgewohnter Manier hin und wartete einfach ... und es paßte so ...

Der Wald im Sengsengebirge (... mehr)

Einen großen Teil des Zaubers des Sengsengebirges machen seine Wälder aus.

Der östliche Teil des Sengsengebirges

Der Höhenweg zieht sich über den Größtenbeg bis zum weit hinten liegenden Hohen Nock. Dabei handelt es sich um einen 14-Stunden-Weg, in dessen Mitte die Biwakschachtel liegt ...

Ein paar Minuten

Zeit für Ruhe und innere Einkehr ist auch immer ein wichtiger Aspekt - in letzter Zeit ist daher die schwarze Ebenholzflöte dabei, und ihre Töne passen herrlich in die Landschaft.

Nicht meisterlich, aber mit Freude gespielt ...

Mystik

...

Abwärts

Der Weg führt schließlich wieder zurück durch Felsen, Latschengebüsch und Wälder. Danach gehts noch in Gedanken die Forststraße entlang bis zum Ausgangspunkt der Wanderung ...

Abschied

Das abendliche Rot der Sonne ist im "Langen Graben" nicht zu sehen - zu tief unten liegt er im Gebirgsschatten. Aber schon auf der Heimfahrt wird in einer Kehre der Blick freigegeben ins Tote Gebirge, genauer gesagt auf den Kleinen Priel, der kurz "König Laurins Rosengarten" spielt und sich mit den letzten Strahlen der Abendsonne schmückt ...

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