Die Hasenjagd

Ich weiß nicht, ist es ein Schwabe oder ein anderer deutscher Landsmann gewesen, der einmal von einem Hasen hübsch angeführt worden ist. Es hatte damals ein lang anhaltender Regen die Gegend so sehr überschwemmt, daß fast alles Wild in den Niederungen zugrunde gegangen war. In dieser Not hatte sich ein Häslein auf einen Weidenbaum gerettet, der mit seinem struppigen Kopf aus dem Wasser ragte, Das sah ein Bauer von seiner einsamen Hütte aus; er dachte sich, der Hase wäre doch besser geborgen in seiner Küche als dort auf dem Baum, wo er ohnehin zuletzt doch ersaufen oder verhungern müßte. Also zimmerte er ein paar Bretter zusammen und ruderte damit dem Weidenbaum zu, um den Hasen zu fischen. Der aber mochte dabei auch seine Gedanken und Pläne im Kopfe haben, wie sich's später ergab. Denn als der Bauer anfuhr und sich an den Weidenstecken hinaufhob, ersah sich der Hase den rechten Augenblick und sprang über den Bauern hinweg auf das bretterne Fahrzeug. Das wurde durch den Aufsprung in Bewegung gesetzt und schwamm nun fort, wohin es das Wasser führte. Beim nächsten Bühel, an dem es anfuhr, sprang der Hase aufs Trockene und dankte seinem Erretter mit einem allerliebsten Männle. Der Bauer aber säße wohl noch auf dem Baum, wenn ihn nicht die Nachbarn heimgeholt hätten, die ihn nun ob seiner Hasenjagd tüchtig auslachten.

Quelle: Schelme und Narren; Josef Pöttinger; Verlag Ferdinand Ertl Wien; 1941

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