Das verschwundene Schloß Altenhofen

Einst thronte auf der Höhe von Altenhofen ein mächtiges Schloß. Zu ihm gehörte weitum das Land, vor allem die Ackerbreiten der heutigen Bauernhöfe Rotleeb und Schwarzleeb, von denen es früher hieß, daß ihr ergiebiger Boden alljährlich einen goldenen Pflug einbringe. Trotz ihres Reichtumes wurden aber die Schloßherren von Altenhofen immer habsüchtiger, ja sie überfielen sogar die Kaufleute, die die nahegelegene Römerstraße befuhren. Vom Raubschlosse führten mehrere unterirdische Stollen bis zu den damals wildverwachsenen Hohlwegen längs der Straße beim Angerbauerngraben. In diesen Stollen verschwanden sie spurlos mit ihrem Raube, sobald sie eine Gefahr witterten. Vom Söller des Schlosses aus konnten Sie das Leben und Treiben auf der Landstraße von Enns bis Altenhofen beobachten. Wohl hatten die Landesfürsten vom wüsten Treiben dieser Ritter Kunde erhalten, und sie waren ihnen schon öfters hart auf den Fersen gewesen, doch war das Schloß derart gut befestigt, daß ihnen nicht beizukommen war, weil sie durch ihre Stollen immer Verstärkung von ihren Raubkumpanen an der Donau erhielten. Ihre Gefangenen ließen sie oft auf grausame Art schinden. Aus dem Verließ tönten die Schreie der Gemarterten bis zum Gemach des frommen Schloßfräuleins und drangen diesem wie Dolche ins Herz. Auf jede nur mögliche Art erleichterte das Fräulein das Los der Gefangenen, sobald es die Brüder nicht sahen. Als diese nun wieder einmal einen Raubzug ausführten, entfloh das Mädchen aus der Burg, gelangte bis zum Landesfürsten nach Wien und berichtete, was es von den unterirdischen Stollen in Altenhofen wußte. Nun folgte das Strafgericht auf dem Fuße. Unter Anwendung einer List gelangten die Krieger des Landesfürsten in das Innere des Schlosses. In dem verzweifelten Ringen fanden die Altenhofner Raubritter den Tod. Das Schloß aber ging in Flammen auf und leuchtete als schauerliche Fackel tagelang weithin über das Land. Nur die Wälle und Grundquadern waren verblieben, doch wurden diese später abgetragen und zum Bau der Burgen der Arbeit und des Fleißes, der stolzen Vierkanter, verwendet. Der Schloßhügel aber bestockte sich und die Pflugschar furchte rundherum, nur die Namen "Schloßberg" und "Schloßgraben" haben sich im Volksmunde erhalten. (Wallner.)

Quelle: Sagen aus dem Mostviertel, Band II; gesammelt von der Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes Amstetten; Herausgegeben von Ferdinand Adl, Amstetten 1952

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