Der goldene Fuchs

Vor vielen, vielen Jahren lebte ein armer, junger Bauer, namens Konrad. Der wollte gern des Müllers Tochter, das schöne Lieschen, zur Frau haben. Doch als er durch eine gefällige Base nachforschen ließ, wie man etwa eine Werbung im reichen Hause aufnehmen würde, erfuhr er, daß der Müller von dem armen Freier nichts wissen wolle. Konrad begegnete bald darauf Lieschen, die ihm gestand, daß sie ihm gut sein, ihn jedoch jeder Hoffnung beraubte, den Widerstand ihres Vaters zu besiegen; ja, sie vertraute ihm sogar an, daß sie bereits dem einzigen Sohn eines reichen Großbauern so gut wie versprochen sei. Den armen Konrad freute nach dieser traurigen Neuigkeit nichts mehr und er dachte ernstlich daran, sein bißchen Eigentum zu verkaufen und in die weite Welt zu ziehen. Bevor er zu einem Entschlusse kam, begab er sich eines Abends in die Kirche zu Maria Saal und legte sein Leid der Gnadenmutter ans Herz. Leichteren Mutes kehrte er heim und legte sich zur ruhe.

Da wurde ihm ein seltsamer Traum.

Er sah sich in eine trostlose Oede verbannt, in der keine Quelle rieselte, kein Blümchen blühte, kein Grashalm sproß und kein einziges Sternchen glänzte. Da blitzte es plötzlich auf, es wurde hell und hart neben ihm entsprang eine Quelle; und wo sie rieselte, sproßten Blumen und die Halde schmückte üppig grüner Rasen. Aus rosigen Wolken aber ertönte eine Stimme und sprach:

„Erhebe dich ! Das Schicksal ist versöhnt:
Fortan wirst du dem Glück entgegengeh’n.
Wo kühn und hoch der Brücke Joch
Der Drave Ufer schwesterlich verbindet,
wird dir der Weg zum Ziel verkündet.“

Der Schläfer erwachte und noch klangen ihm die vernommenen Worte deutlich in den Ohren. Er beschloß der Stimme zu folgen, verließ sein Hüttchen, hoffnungsvoller, als er es gestern noch geglaubt, und wanderte gegen Villach zu. Auf der Brücke blieb er harrend stehen; aber Stunde um Stunde verrann und nichts ereignete sich. Achtlos gingen die Leute an ihm vorüber; nur hie und da traf ihn ein verwunderter oder mißtrauischer Blick von solchen, die sein langes Verweilen auf der Brücke bemerkten. Mit jeder Stunde sank Konrads Hoffnung mehr, trotzdem wollte er noch ausharren. Der Tag neigte sich, silbern blinkte die Mondessichel und wieder verging Stunde um Stunde in vergeblichem Warten. Ganz entmutigt wendete sich der Getäuschte nun, die Brücke zu verlassen, da fiel sein Blick auf einen Bettler, der langsam des Weges kam.

„Was habt ihr vor? Wonach schaut ihr zu so später Stunde so ängstlich aus?“ fragte der Bettler den Harrenden. Diesen drängte es zu sprechen und in kurzen Worten teilte er seinen Traum mit und die Hoffnungen, die er daran geknüpft. „Ein Traum ist eitel Schaum!“ lachte der Bettler und fügte hinzu: „Träumte doch mir selber letzte Nacht, daß ich einen reichen Schatz im Bauche eines Fuchses gefunden habe!“

„In eines Fuchses Bauch?“ wiederholte Konrad sinnend des Bettlers Worte. Und wie ein Blitz durchzuckte ihn der Gedanke, daß am Rande eines Ackers in seinem Dörfchen ein großer Stein liege, auf den ein Fuchs gemeißelt sei und der kurzweg „der Fuchs“ genannt werde. Sollte dies die Deutung des Traumes sein?

Hoffnungsfreudig schritt er der Heimat zu, raffte in seinem Häuschen das nötige Geräte zusammen und eilte zum Fuchsstein. Mit kräftigen Hieben bearbeitete er ihn, plötzlich drang der Meißel ein, das Bild zersprang in hundert Stücke und Konrads entzücktes Auge erblickte blankes Gold. Rasch barg er seinen herrlichen Fund, eilte damit am nächsten Morgen zum reichen Müller und warb um Lieschen. Erstaunt sah der Alte des Freiers Reichtum und sagte freudig ja.

Konrad und Lieschen lebten glücklich und vergaßen in ihrem Glück des Bettlers auf der Brücke nicht.

Quelle: Kärntner Sagen; Franz Pehr; Verlag von Joh. Heyn in Klagenfurt; 1913

© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.

 
designed by © Norbert Steinwendner, A 4300 St. Valentin