Der Teufel in der stiftischen Moarstuben

Am Heiligen Abend ist es seit jeher im Meierhof des Stiftes Sitte, daß das Gesinde nach dem Abendessen, das um eine Stunde früher als sonst gehalten wird, bis zur Christmette beisammen bleibt. Es wird das Kripperl aufgestellt, die geweihte Weihnachtskerze angezündet und der freudenreiche Rosenkranz gebetet. Nachher werden noch einige Geschichten erzählt. Wenn aber dann die große Glocke, die „Blaserin“, von den Stiftstürmen durch das Admonttal klingt, dann bricht alles auf. Ein jeder legt sein bestes Feiertagsgewand an und stapft in frohweihnachtlicher Stimmung in das hellerleuchtete Münster zur feierlichen Christmette. So war es stets Brauch.

Einmal machte aber ein neueingetretener Moarhofknecht am Heiligen Abend den Vorschlag, doch nicht immer die alten Geschichten aufzuwärmen, sondern einmal die Zeit mit einem lustigen Kartenspiel zu vertreiben. Darüber waren wohl die älteren Moarhöfler ganz entsetzt, bekreuzigten sich mit Weihwasser und verließen die Moarhofstuben. Nur die jungen Leute ließen sich verleiten und blieben. Sie setzten sich um den großen eichenen Tisch und fingen mit dem Kartenspeil an. Ein Teil sah zu. Bald kam in das Spiel eine solche Leidenschaft, daß die Karten in den derben Bauernfäusten laut auf die glatte Tischplatte aufschlugen. Ein jeder war ganz befangen, so daß auf die Zeit und Heiligkeit des Abends vergessen wurde. Da öffnete sich auf einmal die große Stubentür und ein Fremder trat herein. Wirr hingen ihm die langen Haare ins Gesicht, sein hagerer Körper war in einen weiten, bis auf die Knöchel reichenden Mantel gehüllt und aus seinen Augen schossen die Blicke wie feurige Blitze. Alle schauten ängstlich auf den unheimlichen Gast, der die Kartenspieler mit unflätigen Worten anredete und ohne lange zu fragen, sich an den Tisch setzte, ihnen die Karten aus der Hand nahm, sie mit einer derartigen Geschicklichkeit und Flinkheit mischte und austeilte, wie es die Spieler nie zuvor gesehen hatten. Das Spiel begann nun mit neuer Leidenschaft und immer aufgeregter ging es zu. Doch die Knechte verloren jedesmal und der Fremde strich mit seiner knochigen Hand und unter höhnischem Grinsen die Silberzwanziger seiner Mitspieler als Gewinn ein. Immer hitziger gestaltete sich das Spiel und immer höher steigerten sich die Geldeinsätze. Da fiel einem Spieler in der Aufregung ein Kartenblatt herunter. Der Vorführer Simerl, erster Roßknecht im Stifte, nahm einen Kienspan und leuchtete unter den Tisch, um die herabgefallene Spielkarte zu suchen. Da bemerkte er zu seinem Schrecken statt eines Menschenfußes unter dem langen Mantel des Fremden einen Bocksfuß. Entsetzt schrie er auf: „Der Teufel! Der Teufel!“ Darüber gerieten alle Anwesenden in der Stube in einen derartigen Schrecken, daß sie wie gebannt waren. Keiner konnte sich erheben und sprechen. Ein jeder bekreuzigte sich. Der unheimliche fremde Spielgast war niemand anderer als der leibhaftige Teufel. Als nun von den Stiftstürmen feierlich die Weihnachtsglocken erklangen, verschwand er mit einem höllischen Gepolter …. Schwefeliger Gestank und dicker Rauch blieben zurück. Dem Vorführer Simerl aber waren aber in jener Heiligen Nacht die Haare weiß geworden.

Quelle: Admont und das Gesäuse in der Sage; DDr. P. Adalbert Krause O.S.B. Professor in Admont; Oberösterreichischer Landesverlag Ges.m.b.H., Linz; ohne Jahresangabe

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