Das Hemmaschloß

Um die Wende vom zehnten zum elften Jahrhundert lebte in Kärnten eine hochedle, reichbegüterte Gräfin, namens Hemma. Sie besaß auch in Obersteiermark große Besitzungen. Frühzeitig suchte sie das Schicksal schwer heim. Ihre beiden Söhne wurden im jugendlichen Alter von rohen Bergleuten erschlagen und ihr eigener Gemahl bald darauf ermordet. In tiefem Schmerz darüber zog sich Hemma in die Obersteiermark zurück und lebte in aller Stille auf ihrem Schlosse Purgstall, das in der Nähe von Admont, auf den bewaldeten Höhen der Zirmitz, zwischen der Plesch und dem Leichenberg stand. Auch hier war aber der frommen Witwe noch keine Ruhe vergönnt. Der eigene Burgvogt war ihr schlecht gesinnt und verfolgte sie, wo er nur konnte. Eines Tages nahm er sie sogar gefangen und riß ihre Güter an sich. Hemma vertraute jedoch auf die Hilfe des Himmels und so gelang es ihr, auf einem mit zwei jungen Rindern bespannten, dürftigen Karren zu entfliehen. Am ersten Tage ihrer Flucht erreichte sie die Höhe des Lichtmeßberges. Hier blieben die Rinder gegen Abend am Schaunitzerhofe stehen und niemand wäre imstande gewesen, sie weiter zu bringen. Dafür machten sie sich am frühen Morgen des anderen Tages von selbst wieder auf und brachten die Gräfin bis auf die Burg Zeiring, wo sie wieder am Abend mit der gleichen Hartnäckigkeit halt machten. Am dritten Tage erreichten sie Gurk in Kärnten.Über die Flucht der Gräfin war der Burgvogt so erzürnt, daß er wie rasend herumirrte und schließlich sein Leben verfluchte. Als er wieder einmal in das Admontertal kam, versank das Hemmaschloß plötzlich vor seinen Augen im dunklen Moore. Voller Verzweiflung stürzte er sich selbst in den moorigen Grund. – Über das Schicksal des Burgvogtes weiß eine andere fromme Legende, daß er durch die Fürsprache der heiligen Hemma noch Zeit zur Buße und Reue gefunden habe und eines ruhigen Todes in fernen Landen, an heiliger Stätte in der Gnade gestorben sei.

Quelle: Admont und das Gesäuse in der Sage; DDr. P. Adalbert Krause O.S.B. Professor in Admont; Oberösterreichischer Landesverlag Ges.m.b.H., Linz; ohne Jahresangabe

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