Maria Zell

Besorgt um das Seelenheil seiner Untertanen, sandte Otto, der siebente Abt von St. Lambrecht, fünf fromme Mönche in das Aflenztal, um das Wort Gottes auch dort zu lehren. Einer von ihnen traf am St. Thomastage 1157 in dem Tale ein, das nun seit Jahrhunderten das schöne Maria-Zell birgt. Eine Bretterhütte ward ihm Wohnung und Kapelle, seine ganze Habe bestand in einer Statue der Gottesmutter, aus Lindenholz geschnitzt, die er als Gegenstand seiner besonderen Verehrung aus dem Kloster mitgebracht hatte. Er stellte sie auf einen Baumstumpf und verrichtete dort seine tägliche Andacht.

Einige Zeit nachher geschah es, daß Wladislaus, der Markgraf von Mähren, und seine Gemahlin Agnes von einem schweren Leiden befallen wurden, das den Ärzten unheilbar erschien. Da ermunterte sie ein Traumgesicht, im Vertrauen auf die Fürbitte der seligsten Jungfrau Genesung zu hoffen und als Zeichen der Dankbarkeit die in einem wenig bekannten steirischen Tale befindliche Kapelle zu vergrößern.

Der gleichzeitige Traum erschien dem hohen Paare als ein Wink des Himmels, und als tatsächlich bald hernach ihre wunderbare Genesung erfolgte, zogen sie mit zahlreichen Begleitern in die grüne Steiermark, um ihr Gelübde, das sie nach dem Träume abgelegt hatten, ungesäumt zu erfüllen. Aber wie sollten sie in dem damals noch unwirtlichen Waldlande die richtige Stätte finden?

Als sie nun durch die Täler zogen, gesellte sich eines Abends ein geheimnisvoller Pilger zu ihnen, der sie nach der Zelle führte. In andachtsvoller Rührung brachte der Markgraf mit seiner Gemahlin ein Dankgebet dar und ließ vor der Heimkehr ein steinernes Gotteshaus errichten.

Der Ruf des wundersamen Ereignisses verbreitete sich rasch in alle Länder und heute wallen Tausende gläubiger Menschen zu dem berühmten Gnadenbilde.

Nach J. P. Kaltenbaeck

Quelle: Österreichisches Sagenkränzlein

© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.

 

 
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