Die Glasmalerei-Werkstätten in Schlierbach

Schlösser, Burgen, besonders alte Kirchen und Kapellen besaßen einst schöne Glasfenster. Leider sind von diesen nicht mehr allzu viele erhalten. Beim Verfall der Mauern, bei Bränden und durch Witterungseinflüsse ist eine große Zahl dieser wertvollen Glasgemälde zerstört worden.

Die alten Glasfenster leuchten in herrlichen Farben. Wenn die Sonne durch das klare Glas scheint, erzeugen die Strahlen im Innern ein buntes Farbenspiel. Die Glasfenster späterer Jahrhunderte besitzen nicht mehr die Leuchtkraft. Erst in unserem Jahrhundert wird für die Glasfenster wieder so leuchtendes, klares Glas wie einst verwendet.

In Linz bestand seit 1908 die „Oberösterreichische Glasmalerei“ Diese Kunstwerkstätte gehörte den Brüdern Josef und Wilhelm Raukamp. Als Wilhelms Frau gestorben war, trat der fromme Mann in das Kloster Schlierbach ein. Josef führte in Linz die Glasmalerei allein weiter.

Im Zweiten Weltkrieg verlagerte er die wertvollen Glasvorräte in das Kloster Schlierbach. Nach dem Krieg bat er den Bruder Wilhelm, der den Klosternamen Petrus erhalten hatte, die Glasmalerei in Schlierbach weiterzuführen. Der Abt förderte den Ausbau der Werkstätten, die unter Leitung von Pater Petrus standen. Josef Raukamp konnte bis zu seinem Tod Anfang 1960 mit Freude verfolgen, wie sein Werk in Schlierbach weitergeführt wurde.

In der Werkstätte des Klosters wurden im Lauf der Jahre nach den Entwürfen bedeutender Künstler Glasfenster für Kirchen und andere Gebäude in ganz Österreich hergestellt. Aber auch nach Amerika, Japan und ins Heilige Land wurden Glasfenster geliefert.

Als junger Lehrer lernte ich Josef Raukamp kennen. Oft besuchte ich ihn in der Linzer Werkstätte. So erfuhr ich, wie ein Glasfenster beschaffen sein muß, wenn es ein echtes Kunstwerk sein soll.

Bei der Glasmalerei soll nicht — wie es früher so oft geschehen ist — reines Glas mit Farben bemalt werden. Glasmalerei heißt nicht, mit dem Pinsel auf Glas malen, sondern farbige Glastafeln zusammensetzen.

Bei meinen Besuchen in der Werkstatt Meister Raukamps sah ich die Entwürfe verschiedener Künstler. Die Gesellen übertrugen die Zeichnung auf steifes Papier und zerschnitten es schließlich in seine Teile. Mit dem Diamant wurden die farbigen Gläser in der Größe dieser Papierschablonen geschnitten. Die Farbenwahl der Gläser traf Meister Raukamp selbst. Nur Gesicht, Hände und Füße von Figuren und der Faltenwurf eines Kleides wurden mit einer fast schwarzen Farbe, Schwarzlot genannt, gemalt. Dies machte wieder der Meister, weil dazu ein guter Zeichner gehört, und das war Josef Raukamp.

Die Gesellen schlichteten dann die Glastafeln, die größeren und kleineren, in den elektrischen Brennofen. In ihm wurde das Schwarzlot in das Farbglas eingebrannt.

Um die gebrannten Gläser wurden Bleifassungen gelegt, die dann verlötet wurden. Sie halten die vielen Glasteile zusammen.

Ich denke gerne an die Stunden, die ich in der Linzer Glasmalerei verbracht habe. Seine Freunde nannten Josef Raukamp immer Meister, bis ihm der Titel Professor verliehen wurde.

In neuen Kirchen finden sich Betonglasfenster. Bis zu 2 cm dicke Tafeln sind dort in Beton eingebettet.

Betrachtet einmal die Glasfenster in eurer Kirche! Ihr werdet sicher erkennen, ob auf Glas oder mit Farbglas gemalt wurde. In einer höheren Klasse könnt ihr nach Schlierbach fahren und die Kunstwerkstätte besuchen. Pater Petrus trefft ihr aber nicht mehr. Er ist im Sommer 1963 gestorben, aber sein und seines Bruders Werk lebt im Kloster weiter.

Quelle: Heimatkundliches Lesebuch, Bezirk Kirchdorf an der Krems
Herausgegeben von einer Arbeitsgemeinschaft des Pädagogischen Institutes des Bundes für Oberösterreich, Verlag Quirin Haslinger, Linz
ISBN keine

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