Der Schatz in der Gaisbergwand

Ein alter Mann kam mit einem Buckelkorb und einer Haselrute zum Gaisberg. Ein Bauer gewährte ihm gastfreundliches Nachtlager und nahm nichts an. Dies wiederholte sich durch mehrere Jahre, ohne daß der Bauer den Mann nach woher und wohin befragte. Einmal fuhr er mit seinem Fuhrwerk nach Linz durch eine lange Straße. Vom 3. Stock eines Hauses winkte ihm ein Herr zu sich. Er folgte dem Ruf, stieg die Treppe empor, erkannte aber den Fremden nicht. Der hieß ihn warten und kam bald mit Buckelkorb und Haselgerte zurück. Nun erkannte der Bauer seinen einstigen Gast. Der gab ihm zum Dank die Haselgerte und sagte, er solle zur großen Gaisbergwand hinaufgehen und dort mit der Gerte an die Wand schlagen. Es werde sich die Wand öffnen und reiche Schätze bloß geben, er solle aber nicht mehr nehmen als er tragen könne. Heimgekommen, versuchte der Bauer sein Glück, kam wirklich in die Schatzhöhle und füllte sich alle Taschen mit Gold. Hinter ihm schloß sich lautlos die Felswand wieder. Der Bauer lebte in Wohlstand und wurde rasch ein Verschwender. Als er alles Gold aufgebraucht hatte, fuhr er mit einem Leiterwagen zur Wand. Trotz allen Klopfens blieb aber der Berg verschlossen, die Rute hatte ihre Zauberkraft verloren. Voll Reue fuhr er nach Linz, konnte aber die Straße seines Gastes nicht mehr finden.

Nach einer anderen Überlieferung kehrte der Bauer mit der geschenkten Rute heim und schlug am nächsten Morgen in aller Frühe an die Felswand, die sich sogleich öffnete. Gaisberger brach sich einen Goldzapfen ab, dachte sich aber „Da muß ich um meine Ochsen heimgehen!" Wie er mit dem Gespann zurückkam, war der Fels verschlossen und die Rute, die er hatte liegen lassen, war nicht mehr zu finden. So konnte er nicht mehr in den Berg.

Quelle: Oberösterreichisches Sagenbuch, Adalbert Depiny, Linz 1932;

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